Seit der Veröffentlichung meines Romans vor etwas mehr als einem Monat habe ich viel Zeit in der Marketing-Welt verbracht. Wie die meisten Schriftsteller und anderen Künstler kann ich diese Welt kaum ausstehen. Wir sind davon überzeugt, dass es bei unserer Arbeit um mehr geht als nur darum, erfolgreich zu sein und uns mit anderen zu vergleichen.
Wir glauben, dass es darum geht, Menschen zu erreichen und zu beeinflussen, was sich natürlich sofort jeglichem äußeren Vergleich entzieht. Und doch war ein Teil von mir so stolz, als mein Buch einen Tag lang Platz 1 auf Amazon erreichte, dass ich sofort Screenshots davon auf sozialen Medien postete (die Tatsache, dass es nur Wochen später wieder auf Platz 802 zurückfiel, habe ich dann nicht gepostet...
Auch wenn ich mir fest vornehme, dass es in meinem Leben um Jesus und andere geht, scheint es irgendwann doch wieder um mich und meinen Ruhm zu gehen.
Jesus spricht dies bei so vielen Gelegenheiten an, man könnte fast den Eindruck gewinnen, er hielt es für ein zentrales Thema seines Dienstes. Vielleicht ist die Bergpredigt deshalb so berühmt geworden - und gleichzeitig so vermieden worden (wann haben Sie das letzte Mal eine Predigt darüber gehört oder ein Buch darüber gelesen?)
Tatsache ist, dass sich diese Predigt direkt gegen einen sehr dominanten Teil unserer Natur richtet. Die Sanftmütigen, die Trauernden, die Verfolgten - sie mögen gesegnet sein, aber das ist nicht das, was wir von Natur aus sein wollen. Wir nicken mit dem Kopf, aber insgeheim wünschen wir uns, es würde heißen, dass die Mächtigen, die Sieger und Erfolgreichen gesegnet sind. Schließlich ist es das, was wir jeden Tag hören und sehen, von der Politik über Amazon Prime bis hin zur Fußballmannschaft unseres Sohnes. Wann haben Sie das letzte Mal die gegnerische Mannschaft angefeuert, nur weil sie im Rückstand war (oder auch nur, weil sie besser war)?
Dieser innere Konflikt ist nichts Neues. Der Apostel Paulus schreibt darüber im Römerbrief, wo er den Teil von uns anspricht, der gegen Gottes Willen handelt, der seinen eigenen Ruhm und seinen eigenen Weg will. Es ist ein Teil unserer menschlichen Natur. Die Exzentriker, die Kühnen und Selbstbewussten bringen ihren Stolz offener zum Ausdruck, während andere denselben Stolz in sich tragen, ihn aber unterdrücken, so dass er auf subtilere und manipulative Weise zum Vorschein kommt (und in diesem Fall auch oft gesellschaftlich akzeptiert ist).
Aber es gibt auch die andere Seite. Die Fähigkeit zum Mitgefühl, zur Demut, zum Vorrang der anderen vor uns selbst ist eine einzigartige menschliche Fähigkeit, die uns mit dem Göttlichen verbindet. Die Aufgabe der christlichen Gemeinschaft besteht darin, einander und die Welt daran zu erinnern, dass wir jeden Tag eine Entscheidung treffen müssen, und zwar die wichtigste Entscheidung überhaupt.
Aber was daran ist denn so wichtig? Lassen Sie mich Ihnen von einem Mann namens Friedrich Nietzsche erzählen. Diesem berühmten Atheisten und Philosophen des späten 19ten Jahrhunderts war die Bergpredigt nicht einfach egal - er hasste sie leidenschaftlich. Er hielt sie für ein pervertiertes Ideal und das Christentum für das Krebsgeschwür, das sie am Leben hielt:
"Im Christentum werden die Instinkte der Untergebenen und Unterdrückten hervorgehoben. Es sind die untersten Ränge, die darin ihr Heil suchen. Das Christentum repräsentiert alles Schwache, Niedrige und Versagende. Es hat aus seinem Widerspruch zum Überlebensinstinkt des Stärkeren im Leben ein Ideal geschaffen."
Diese Worte mögen uns überraschen, denn in der heutigen Welt ist es nicht üblich, so etwas laut auszusprechen. Aber die Handlungen unserer modernen Gesellschaft offenbaren, dass wir, auch wenn nur in unserem Unterbewusstsein, mehr mit Nietzsches Worten übereinstimmen, als wir jemals zugeben würden.
Nun ist Nietzsche eine komplexe Figur, und seine Schriften lassen sich nicht so einfach zusammenfassen. Aber wir wissen, dass er glaubte, Gott sei tot, überflüssig geworden durch die Fortschritte der modernen Wissenschaft und des modernen Denkens, und seine Befürchtung war, dass die von der Religion hinterlassene Leere mit Nihilismus gefüllt werden würde. Er kam zum Schluss, dass die menschliche Rasse, um den Schrecken des Nihilismus zu vermeiden, nach dem Übermenschstreben müsse, einer Rasse, die so stark und fortschrittlich wäre, dass sie die Götter ersetzen könnte.
Aber wie immer führt das Streben des Menschen nach Größe, wenn Gott nicht einbezogen wird, in eine Katastrophe. Nietzsche mag dies nicht beabsichtigt haben, aber die Nazis liebten seine Bücher und lasen sie wie eine Bibel. Das ist nicht verwunderlich, wenn man Aussagen wie die folgende aus dem Buch Götzendämmerung :
"Das Christentum ist die anti-arische Religion schlechthin. Es ist die Umwertung aller arischen Werte. Es ist ein Evangelium, das den Armen gepredigt wird, das Aufbegehren der Niedergetretenen, der Missratenen, der Unglücklichen - all das im Gegensatz zur arischen Rasse."
Dem "arischen Ideal" zu folgen, führte zu einer unmenschlichen Gesellschaft, die Millionen ihrer eigenen Brüder und Schwestern massakrierte und die Welt für Jahrzehnte ins Chaos stürzte. Der Übermensch entpuppt sich als nichts anderes als unser Ego, und Nietzsche erweist sich im Irrtum.
Das Einzige, womit er Recht hatte, ist, dass das Streben nach Mitgefühl für den Menschen nicht natürlich ist; es ist übernatürlich. Güte zu zeigen und seine eigenen Ressourcen zu nutzen, um die Schwachen zu unterstützen, anstatt selbst voranzukommen, ist eine Fähigkeit, die uns von Gott selbst gegeben wurde.
Und ja, im Sinne der Evolution gefährdet ein solches Verhalten das Überleben einer Spezies. Aber es stellt sich heraus, dass Evolution nicht die einzige Realität ist, und dass das Christentum die menschliche Gesellschaft entgegen aller Erwartungen unendlich bereichert hat, statt sie zu zerstören.
Das Leben eines wahren Nachfolgers Jesu ist geprägt vom Bestreben, diesen Teil unserer Persönlichkeit und unseres Herzens zu kultivieren. Das ist für keinen von uns selbstverständlich, sondern ist buchstäblich Gottes Kraft in uns. Das gilt ob wir an der Spitze stehen oder ganz unten – wir alle brauchen die Gnade Gottes gleichermaßen.
In der letzten Folge der zweiten Staffel der Fernsehserie The Chosenbereitet Jesus die Bergpredigt vor und bespricht einiges davon mit Matthäus:
"Ich möchte mit meiner Predigt eine Landkarte erstellen", sagt er. "Eine Anleitung, wohin die Menschen schauen sollen, um mich zu finden." Nachdem er eine Reihe anderer Ansatzpunkte für seine Predigt in Betracht gezogen hat, diktiert Jesus Matthäus schließlich die berühmten Worte:
"Selig sind die Armen im Geiste,
denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Selig sind die Trauernden,
denn sie werden getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen,
denn sie werden das Land erben.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit,
denn sie sollen gesättigt werden.
Selig sind die Barmherzigen,
denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind,
denn sie werden Gott schauen.
Selig sind, die Frieden stiften,
denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
Selig sind, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen,
denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Matthäus, der diese Worte aufgeschrieben hat, blickt auf. "Ja. Aber wie ist das eine Landkarte?"
Jesus sieht ihn an, und uns auch.
"Wenn jemand mich finden will, so muss er nach diesen Gruppen von Menschen Ausschau halten.“
HI
Very true ,giving oneself for the benefit of others doesnt come natrually. BLESS YOU JUDITH/. TONY SWANBURY