"Wenn du nur heute die Dinge erkennen würdest, die dir zum Frieden dienen! Aber jetzt sind sie vor deinen Augen verborgen."
Jesus, Lk 19, 42
Dieser Beitrag wird kurz und ... peinlich sein. Aber zum Glück sind die Menschen sehr rücksichtsvoll und freundlich, wenn es um soziale Medien geht, so dass ich mir ja keine Sorgen zu machen brauche. Hier also mein Geständnis.
Vor zwei Wochen habe ich abends an einem Online-Gebetsseminar via Zoom teilgenommen. Wir lernten über den Frieden, der mit kontemplativem Gebet einhergeht, und über die Schätze der alten liturgischen Texte, die über unzählige Generationen weitergegeben und von Christen aus zahlreichen Nationen, Konfessionen und Lebensbereichen geteilt werden. Wir beteten die Gebete zusammen, und die Gegenwart Gottes war spürbar. Zumindest denke ich, dass es so war. Für die anderen.
Selber habe ich das meiste davon verpasst, weil ich das Unmöglichste versuchte, von dem Sie je gehört haben. Ich wollte gleichzeitig in einer Haltung der Kontemplation sein und die Nachrichten mitverfolgen.
Zu meiner (ungerechtfertigten) Entschuldigung: Es war nicht irgendein Abend. Es war der 6. Januar, und ich sagte mir, dass es ja nicht meine Schuld war, dass die Randalierer sich entschieden hatten, das Kapitol an demselben Tag zu stürmen, an dem ich mich auf das Gebet des Heiligen Franziskus konzentrieren sollte. Was soll ich denn da machen?
Natürlich fühlte ich mich schuldig, doch ich konnte die traurige Tatsache nicht leugnen, dass die Schlagzeilen und Bilder des Aufruhrs um einiges faszinierender waren als das Friedensgebet des Heiligen Franziskus. Mehrmals an diesem Abend ertappte ich mich dabei, dass ich die neusten Schlagzeilen über Aufruhr und Gewalt lesen wollte - so als ob ich vom Versuch, etwas über kontemplativen Frieden und Gewaltlosigkeit zu lernen, eine Pause bräuchte.
Ziemlich beunruhigend, wenn Sie mich fragen.
Selbstverständlich war ich mit dem, was im Kapitol geschah, überhaupt nicht einverstanden. Ich war, wie die meisten Menschen, entsetzt und beunruhigt. Und doch wollte ich die neusten Entwicklungen mitverfolgen, Stunde um Stunde.
Diejenigen von Ihnen, die am 6. Januar sofort die Nachrichten ausschalteten, um zu beten, und nicht mehr zurückgingen, um noch mehr davon zu lesen oder zu sehen, beten Sie doch auch für mich. Alle Übrigen wissen, wovon ich spreche. Tatsache ist, dass es spannendist, auch wenn es gleichzeitig traurig und aufwühlend und negativ ist.
Wir können das mit einem Achselzucken abtun und es als menschliche Natur bezeichnen, oder als einen Effekt gewitzter Medien, die es verstehen, unsere niedrigsten Instinkte anzusprechen. Aber nichts daran ist harmlos und kann achselzuckend ignoriert werden. Die Tatsache, dass es viel unterhaltsamer ist, über einen wütenden, das Kapitol stürmenden Mob zu lesen, als einem Theologen zuzuhören, der über den Zusammenhang von Selbstbeherrschung und Frieden spricht, sollte uns beunruhigen. Und weshalb?
Weil meine und Ihre Teilnahme an negativen Nachrichten, unsere Faszination für Chaos, Hass und Gewalt genau diese Dinge in uns anheizen.Wir alle wissen, dass man nicht im Geringsten mit dem einverstanden sein muss, was in den Medien gezeigt wird, um davon tief beeinflusst zu werden. Auf pervertierte Weise verbreitet sich der Hass, die Angst und die Spaltung, über die wir lesen und die wir konsumieren, in der Welt schlussendlich sogar durch uns, wir wohlmeinenden, sogenannt friedlichen Menschen.
Aber ich gebe nicht einfach den Medien die Schuld. Ich gebe mir selbst die Schuld, meine eigene Verantwortung als Nachfolger Christi zu vernachlässigen. Brian Zahnd twitterte kürzlich Folgendes über die jüngsten Unruhen:"Mobs, Gewalt, Angst und Hass SIND der Teufel". Sie repräsentieren und verkörpern den Teufel in unserer Welt. Unsere Beteiligung an seinen Machenschaften mag ungewollt sein, hat aber dennoch Auswirkungen auf uns und diejenigen um uns herum.
Deshalb erhalten wir eine so detaillierte Beschreibung der Frucht des Geistes in der Bibel. Von den Gedanken und Handlungen Gottes erfüllt zu sein, ist nicht nur ein ätherisches Gefühl der Glückseligkeit. Es ist schlussendlich ganz bodenständige, harte Arbeit. Die Frucht des Geistes ist im wahrsten Sinne des Wortes all das, wovon wir in den Medien nie hören.
Liebe. Freude. Friede. Geduld. Freundlichkeit. Güte. Treue. Sanftmut. Selbstbeherrschung.
Sehen Sie, warum ich es harte Arbeit nenne? Die meisten von uns tragen diese Tugenden nicht einfach mit sich herum und warten nur darauf, unsere Mitmenschen damit zu überschütten. Der Schmale Weg, von dem die Bibel spricht, beschreibt vielleicht sogar in erster Linie unsere Entscheidung, diese Tugenden zu kultivieren. Denn breit ist der Weg, der zum Hass auf den anderen führt. Breit ist der Weg, mir mit Gewalt zu nehmen, was ich für mein Eigentum halte. Mein Gewissen mit Ausreden zu übertönen, dass der Zweck die Mittel heiligt. Diejenigen zu beschimpfen, denen ich die Schuld gebe - ob es nun die Leute im Kapitol sind oder die, die es stürmen.
Aber schmal ist der Weg, der den wahren Frieden sucht. Schmal ist der Weg, der unserer angeborenen Versuchung zu Sensationslust und zum Drama widersteht. Und schmal der Weg, der meinen Mitmenschen, der gerade eine schreckliche Tat begangen hat, als ein geliebtes Kind Gottes sehen will. Der sich weigert, das Lieblingsspiel des Teufels zu spielen: die Welt in klar definierte Gruppen von WIR und DIE ANDEREN zu unterteilen.
Was aber können wir denn tun? Es beginnt, so glaube ich, mit dem, was man sich vorstellen kann. Kann ich mir (und will ich das überhaupt) eine Welt vorstellen, in der es nur noch das WIR gibt, und gar keine ANDEREN mehr? Nur wenn wir das zustande bringen, wird unsere dämonische Faszination für Skandal und Angst durch den Plan Gottes ersetzt werden - die Erkenntnis, dass jeder Mensch ein Teil von UNS ist, eingeschlossen in seine Liebe und Teil seines großen Erlösungsplans. Solange es irgendeine Art von ANDEREN auf meiner Landkarte gibt, sabotiere ich meine eigene Arbeit an der Art von Frieden, den Jesus… Sie haben richtig geraten, UNS ALLEN, bringen will.
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